Normalerweise trenne ich bei einem Kleidungsstück die Nähte nicht 10mal wieder auf und stecke über 6 Stunden in ein einziges Detail. Normalerweise. Normalerweise bin ich nicht so extrem pingelig, penibel, pedantisch. Normalerweise. Normalerweise liegt mir zu spät kommen nicht. Normalerweise.
Dieses Kleid hat mich wirklich Nerven gekostet. Das ging mit dem flutschigen und etwas unregelmäßig gefärbten Stoff los, setzte sich bei den Biesen fort und als ich gerade das Gefühl hatte, es läuft – grätschten mir Reißverschluss, Rockteil und Rüsche dazwischen. Aber: es ist fertig. Wenn auch leider nicht zum Finale des Frühlingskleid(ungs) Sew Alongs vor mittlerweile über einem Monat.
Die gute Nachricht ist: Es sitzt wirklich gut. Ich mag das Oberteil, die Länge, die Spitze. Die schlechte Nachricht ist: Es ist immernoch nicht perfekt, verdammt! Es hat sehr, sehr lange gedauert, die gefühlt 10m lange Rüsche zu raffen und gleichmäßig an das Rockteil anzubringen. Eine Weile habe ich am Rollsaum basteln müssen, war dann mit dem Ergebnis aber sehr zufrieden. Nachdem ich die richtige Einstellung einmal hatte, war die lange Rüsche mit der Ovi dann blitzschnell gesäumt.
Als ich damit beim Nähkränzchen mit Miri und Sabrina angab, merkte Miri an, dass der Rollsaum dann ja auch an den Ärmeln ziemlich gut aussehen müsste. Diesen Floh habe ich natürlich nicht mehr aus dem Ohr bekommen, blöderweise waren die Flügelärmel aber schon zwischen dem Innen- und Außenteil des Oberteils eingenäht. Also habe ich sie wieder herausgetrennt, den Rollsaum angebracht. Ich bin sehr froh, dass ich an der Stelle noch einmal Arbeit hineingesteckt habe, denn der gleichfarbige Saum gefällt mir nun viel besser als der kontrastfarbene Zickzack-Stich, der vorher dran war.
Also dachte ich: Alles gut, weiter im Plan! Beim Anprobieren um Ostern herum bemerkte jedoch die beste Schwiegermutter, dass die blitzende Spitze zwar sehr schön sei, aber an einigen Stellen, vor allem den Seiten, auch Teile des Unterrockes blitzen. Da ich keine Schneiderpuppe habe, war mir das vorher nicht aufgefallen, aber der Effekt war relativ extrem. Als ich die Rüsche nachmaß wurde mir auch klar warum: Beim Annähen hatte der flutschige Stoff sich teils verschoben, so dass die Rüsche nicht an allen Stellen gleich lang war. Also habe ich die 10 m lange Rüsche noch einmal genau von der Naht ausgehend gekürzt. Neu gesäumt. Da nun relativ viel des Unterrockes heraus schaute, habe ich auch den Unterrock komplett heraus getrennt, neu eingepasst, neu eingenäht.
Funfact: Beim Fotografieren heute ist mir aufgefallen, dass der Effekt immer noch vorhanden ist. Recht deutlich sogar. Das Rockteil ist an den Seiten deutlich kürzer als in der Mitte und das geht mir gerade mächtig auf den Senkel. Wenn ich einmal viel Zeit und Lust habe, korrigiere ich das noch einmal. Bis dahin rede ich mir ein, dass das durchaus charmant wirken kann und keinem auffällt, wenn ich gut gelaunt durch die Straßen tänzel.
Erwähnte ich den Reißverschluss? Den habe ich ungefähr 4 mal eingenäht und wieder herausgetrennt, weil entweder die Seitennähte nicht aufeinander getroffen sind, oder der Stoff wellig geworden ist. Nach dem letzten missglückten Versuch, beschloss ich, den Prym-Reißverschlussfuß zu verbrennen und mir einen passenden Metallfuß für meine Nähmaschine zu bestellen. Diese Investition hat sich mehr als gelohnt. Der neue Reißverschlussfuß und ich sind so in love, dass wir heimlich in Las Vegas geheiratet haben. Nach dem Annähen der Knöpfe vorn und der Einfassstreifen für den Armausschnitt, mussten nur noch die Flügelärmel am Rückenteil festgenäht werden, was glücklicherweise problemlos funktioniert hat.Und nun? Das Kleid ist eine klassische ’schwere Geburt‘, aber ich bin ganz froh, dass ich es nun endlich tragen kann. Es ist luftig, leicht, der Stoff fällt toll. Das Frühlingskleid ist sehr, sehr bequem und passt mir – wie eingangs erwähnt – ausgezeichnet. Ende gut, alles gut.
Noch kurz zu den Eckdaten: Der Schnitt ist Modell 110 aus Burda 5/2010. Der Oberstoff ist von Alfatex. Für den Unterrock habe ich traumhaften, leicht glänzenden Batist von Stoffmüller in Köln geholt. Und damit gebe ich zu Lucy, die heute beim Me Made Mittwoch vortanzt und geselle mich zu den Damen, die wieder viele tolle Frühlings- und Sommeroutfits vorführen.
Frühlingskleid Solofinale von Marja Katz ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
Supertoll gelungen. Ein richtiger Sommertraum :-))
Ich finde das Kleid wunderhübsch, und obwohl du es gesagt hast, kann ich beim Saum kein Problem entdecken. Und ich musste laut lachen über dich und deinen Reißverschlussfuß. So romantisch!
Das Kleid ist ein Traum. Die Mühe hat sich wirklich gelohnt. Ich bin auch manchmal hartnäckig. Aber ich weiß nicht ob ich so lange durchgehalten hätten.
Lg Mathlda
Wirklich toll geworden. Ich hab ja nie so richtig die Muße an einem fertigen Kleid noch was zu trennen, aber bewundere das wenn andere die Muße dazu haben.
Die Hochzeit kann ich sehr gut verstehen. Ich führe eine polygame Beziehung mit nahtverdecktem Reißverschlussfüßchen, 4mm-Säumerfüßchen, Biesenfüßchen und seit neuestem Schrägbandfüßchen. Man muss da aufpassen, dass sich keiner benachteiligt fühlt, aber zum Glück verstehen die sich auch untereinander gut 😉
LG
Lotti, pass bloß auf, dass ich dir das Biesenfüßchen nicht ausspanne 😀
Wow, dein Kleid ist toll geworden! Respekt, wie viel Arbeit du in die Fertigstellung gesteckt hast! Alleine die 10 m Rüsche … Dein Frühlingsklrid steht dir ausgesprochen gut und hat ein Solo-Finale verdient 🙂
Lg, Christiane
Den Schnitt habe ich schon häufiger im Heft betrachtet, er gefällt mir so gut, aber bisher haben mich der weite Ausschnitt und die Knöpfe – igitt Knopflöcher nähen – davon abgehalten. Ein großes Kompliment an dich, es kleidet dich sehr schön.