Ich gebe zu, ich hatte einen Hänger den Sommer über. Im Blog ist es verdächtig still geworden und das lag nicht daran, dass ich nicht genäht hätte. Einige Sachen sind aufgelaufen, bei denen ich nicht dazu gekommen bin, sie zu fotografieren und mit einem Artikel zu würdigen. Blogstau sozusagen. Vor allem die Sachen, die ich für die Kinder genäht habe, werden so in Dauerschleife getragen und gewaschen, dass ich bisher keine Chance hatte, die Sachen – oder vielmehr die Kinder darin für ein sauberes Foto zu erwischen. Anfang Juli war es so schön warm, dass ich dringend noch ein Strandkleid nähen wollte. Bis zu meinem Geburtstag Mitte Juli hätte es locker fertig werden und mit in den Urlaub ziehen können – so dachte ich.Wie sich herausstellte war das Kleid ein Projekt mit Hindernissen. Aber von vorne. Ich hatte mehrere schöne Kleider im Sinn, es ist schließlich das links hier im Bild geworden. Modell 119 aus Burda 7/2008, das ich allerdings etwas abgeändert habe. Der Ausschnitt war mir etwas zu großzügig, dementsprechend habe ich das Schnittteil geändert, so dass in der vorderen Mitte etwas mehr Stoff vorhanden ist, außerdem habe ich die Schnittteile an den Innenkanten vergrößert, so dass der Ausschnitt etwas enger wurde. Den Stoff für das Kleid hatte ich im letzten Jahr im SSV eines Kölner Stoffladens gekauft, in dem ich nicht mehr kaufe (Insider wissen, welcher gemeint ist 😉 ). Ein ganz leichter Voile mit Farbverlauf über einem Paisley-Muster und im Rapport einem Streifen, der stärker gemustert ist.Besonders hatte es mir die Rückansicht des Kleides angetan. Die Armausschnitte bestehen quasi aus zwei Kreisen, die im Rücken mit einem Band zusammen geknotet werden. Eigentlich ist es als langes Kleid vorgesehen, für den Strand fand ich die kurze Version aber luftiger. Gefüttert habe ich das Kleid mit dem fliederfarbenen Batist, der schon beim Weihnachtskleid zum Einsatz kam und den ich mal von einer Bekannten geschenkt bekommen habe.Der Schnitt ist meiner Meinung nach nicht ganz ausgefeilt. Der weite Ausschnitt ist sicher Geschmackssache, aber die Abnäher im Vorderteil sind so absurd steil angelegt, dass sie tüten müssen. So Steht der Brustpunkt immer etwas ab, was ich nicht mag. Da werde ich evtl noch einmal vorsichtig von Hand korrigieren. Die Anleitung fand ich unverständlich geschrieben, so dass ich freestyle genäht habe. Etwas abweichend von der Original-Anleitung habe ich die Falten unter dem Brustband anders gelegt. Das Mittelteil ist wie im Original gerafft, aber die vorgesehenen großen Falten habe ich nicht darunter geschlagen, weil das arg aufträgt. Ich habe sie darüber geschlagen, so dass die Raffung eingerahmt und nicht noch extra aufgebauscht wird.Das Kleid hatte es wirklich in sich. Ich habe öfter getrennt, korrigiert und angepasst, weil der Stoff recht empfindlich und flutschig war. Er ließ sich furchtbar schlecht raffen und oft genug ist mir auch ein Stück unter die Maschine gehüpft, das gar nicht vorgesehen war, so dass ich wunderschöne Falten eingenäht habe. Die Bindebänder habe ich in die Armrundung eingenäht und auch beim Einnähen des Futters am Reißverschluss sind mir einige Falten unterlaufen, die ich (zeitaufwendig) wieder getrennt und neu genäht ausgebügelt habe. Mein Geradeaus-Nähen ist mir auch abhanden gekommen, so dass an einigen Stellen Schlangenlinien drin sind, die ich einfach so in Kauf nehme bei etwas Zeit und Gelegenheit noch korrigieren werde. Bei dem Kleid war irgendwie total der Wurm drin.Natürlich hatte ich das Kleid so nicht bis zu meinem Geburtstag fertig. Und auch nicht bis zum Urlaub. Am Tag meiner Geburtstagsfeier habe ich mir im Selbstverteidigungstraining (Krav Maga, wer es genauer wissen will) das Gelenk des linken Ringfingers gebrochen. Tat weh, hat laut geknackt. Aber ich Schafskopf musste natürlich weiter trainieren. Abends haben meine Gäste dann den taub werdenden Finger begutachtet, Sonntags war ich im Krankenhaus. Ich hab mit Gipsarm dann noch etwas weiter genäht, aber als das Geburtstagsshirt für meinen Kleinen vom Band gelaufen ist, habe ich frustriert aufgegeben. Ehrlich, ich mag meine Hände. Und ich brauche sie – für die Arbeit, zum Nähen, zum Cello spielen. Die Heilung wird noch ein paar Wochen dauern, eine OP steht noch im Raum, aber ich hoffe, dass ich drum herum komme. Mit der Fingerschiene, die ich jetzt habe, kann ich zumindest wieder ein bisschen nähen, aber es ist deutlich mühsamer als normal. Aber zurück zum Kleid! Fertig genäht habe ich es, nachdem wir am Wochenende aus dem Urlaub wiederkamen. Den Oberstoff und das Futter habe ich mit einem Rollsaum gesäumt. Passt sehr gut zum Kleid wie ich finde und ist eine der schnellsten und einfachsten Möglichkeiten dünne Stoffe zu säumen, wenn man weiß, wie man seine Maschine einstellen muss.Hier noch ein Detail von Träger und Ausschnitt. Unverkennbar, dass meine Führungshand eine Acht hatte. Mach ich bei Gelegenheit…
Auch wenn das Kleid nicht perfekt ist, mag ich es sehr. Der Stoff ist einfach eine Wucht und obwohl nicht alle Details akkurat sind, ist die Schnittführung richtig toll. Ich werde es im Sommer bestimmt häufiger tragen, es ist ein perfektes Kleid zum Über-den-Bikini-werfen und baden fahren.
Strandkleid für den Sommer von Marja Katz ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
Toll geworden und das mit Handicap!
uiuiu, ein echter Hingucker, Dein Kleid! sei nicht so streng mit Dir, die Nähte sind alle völlig im tolerablen Bereich.
Gute Besserung. Hoffentlich ohne OP.
LG, Tily