Es ist mittlerweile schon eine Weile her, dass ich verschiedene Saumarten hier im Blog zeigte. Aber das Interesse daran scheint sehr groß zu sein, also möchte ich euch heute zeigen, wie man einen Blindsaum mit der Nähmaschine nähen kann. Der Blindsaum ist ein Saumabschluss für sehr dicke Stoffe, wie man sie z.B. im Winter trägt. Aber auch bei etwas edleren Kleidungsstücken kommt der Blindsaum zum Einsatz, nämlich immer dann, wenn man von außen keine Saumnaht sehen möchte. Daher auch der Name: Blindsaum bedeutet, dass der Saum und seine Verarbeitung von der schönen Stoffseite aus nicht sichtbar ist. Der Blindsaum kann mit der Nähmaschine, mit der Overlock oder von Hand genäht werden. Dabei ist das Grundprinzip immer gleich. Von der linken Stoffseite aus wird der Saum mit so dünnen Stichen befestigt, dass nur einzelne Fasern des Oberstoffes erfasst werden und der Nähfaden von außen unsichtbar bleibt.
Wie nähe ich einen Blindsaum mit der Nähmaschine?
Für die Nähmaschine ist das wichtigste Hilfsmittel der Blindsaumfuß. Der Blindsaumfuß hat eine Führungsschiene für den Stoff und eine Stellschraube, mit der diese verstellt werden kann. An der Führungsschiene liegt beim Nähen die Stofffalte an. Mit der Stellschraube kann die Führungsschiene nach links und rechts verschoben werden, damit Nadelposition und Stoff genau richtig zueinander stehen.
Außerdem braucht die Nähmaschine einen Blindsaumstich. Dieser besteht aus einer geraden Naht, von der in regelmäßigen Abständen ein Zickzack-Stich ausgeht, der den Oberstoff erfassen soll. Fast alle Nähmaschinen haben diesen Stich, auch die ganz einfachen Modelle. Hier im Bild ist der Blindsaumstich bei C und D untergebracht. Je nachdem wie man den Stoff faltet (nach links oder rechts) braucht man den Zickzack nach links oder rechts, um den Saum am Oberstoff festzunähen.
Den Stoff richtig falten
Das wichtigste beim Blindsaum ist, den Stoff richtig gefaltet unter die Nähmaschine zu legen. Dazu muss man einmal kurz überlegen, aber wenn man einmal weiß, wie es geht, ist es eigentlich keine große Denk-Verrenkung mehr. In diesem Beispiel zeige ich den Blindsaum mit einer versäuberten Stoffkante. Die Stoffkante kann mit Overlock oder Zickzack-Stich versäubert werden (ein Beispiel mit Umschlag folgt weiter unten). Zunächst faltet und bügelt man den Saum einmal auf die Innenseite (links im Bild). Bei einem Umschlagsaum würde man nun die Stoffkante noch einmal nach innen falten und den Saum einfach festnähen. Beim Blindsaum möchte man ja aber die Naht nicht sehen, also muss die Stoffkante ganz dünn an den Oberstoff geheftet werden. Das geht am besten, indem man eine Falte legt, durch die die Nadel hauchfein durchsticht. Also wird der Stoff mit dem gebügelten Saum einmal auf die linke Seite gelegt und der Oberstoff zur Saumkante zurück geschlagen. Der Oberstoff zeig damit quasi nach unten und es bildet sich eine Falte, neben der die versäuberte Saumkante liegt (rechts im Bild).
Die Nähmaschine richtig einstellen
Als nächstes müssen das Nähfüßchen und der Blindsaumstich aufeinander eingestellt werden. Bei meiner Nähmaschine ist die breite des Blindsaumstichs über die Stichbreite verstellbar wie bei einem normalen Zickzack-Stich. Meistens nehme ich für den Blindsaum eine Stichweite zwischen 4 und 5. Wenn der Blindsaumfuß eingespannt ist, kann man über die Stellschraube am Nähfüßchen und über die Stichweite die Nadelposition und die Führungsschiene aufeinander einstellen. Wenn die Nadel nach links in den Zickzack geht, sollte sich auf gleicher Höhe mit der Führungsschiene liegen.
Da die Schiene die Stofffalte führt, sticht die Nadel so genau in die Kante der Falte ein, wobei die Nadel genau so wenig Fasern erwischen soll, dass der Saum zwar fest wird, der Stich von außen aber so wenig wie möglich sichtbar ist. Beim Nähen wird die eigentliche Saumnaht also quasi auf die Stoffkante gesetzt. Immer wenn ein Zickzackstich im Blindsaum kommt, schert die Nadel nach links aus und heftet mit einem dünnen Stich den Saum an den Oberstoff.
Eine fertige korrekte Naht sieht so aus. Je weiter die Stichlänge ist, desto größer ist der Abstand zwischen den Einstichen in den Oberstoff. Ich setze die Stichlänge meistens auf 3 bis 4, da je nach Stoffstärke auch diese feinen Einstiche in den Oberstoff sichtbar sind, wenn sie zu nah aneinander liegen. Bei sehr dicken Stoffen (z.B. Wollstoffe), in denen die Falte leicht mal etwas hochsteht, kann es sein, dass sich der Stoff unter der Nadel ein wenig von der Führungsschiene wegdreht. Dann muss man die richtige Nadelposition noch einmal nachstellen (heißt: Nadel etwas weiter nach links im Vergleich zur Führungsschiene). Am besten probierst Du das an einem Probestück einmal aus.
Wenn man den Stoff nun aufklappt, sollten die Einstichstellen im Oberstoff nicht deutlich sichtbar sein. Kleine Fehltritte werden unsichtbar, wenn man ein farblich passendes Garn verwendet.
Blindsaum mit Umschlag nähen
Wem der Blindsaum mit der versäuberten Stoffkante nicht so gut gefällt, der kann die Saumkante auch einmal umschlagen und nach innen bügeln vor dem Nähen. Das sollte auf jeden Fall gut festgesteckt werden. Beide Stoffkanten sind gefaltet und tanzen gern einmal aus der Reihe, bis sie festgenäht sind.
Der Vorteil ist, dass die Saumnaht den Umschlag fixiert und gleichzeitig den Saum blind an den Oberstoff heftet. Der Blindsaum mit Umschlag sieht etwas ordentlicher aus als mit versäuberter Stoffkante. Allerdings kann bei sehr dicken Stoffen so eine etwas wulstige Naht entstehen, die dann wieder von außen eher sichtbar wäre. Es ist also etwas Geschmacksache und vom Stoff abhängig, ob man den Blindsaum mit Umschlag oder mit versäuberter Stoffkante näht.
Mögliche Fehlerquellen
Die meisten Fehlerquellen liegen beim Einstellen der Naht und des Blindsaumfüßchens. Sticht die Nadel zu weit links ein, so wie in diesem Bild, erfasst der Stich zuviel Material des Oberstoffes.
Bei dieser Einstellung würde das Stichbild von außen so aussehen: Die Einstiche am Saum sind sehr deutlich erkennbar. Auch wenn ich statt der Kontrastfarbe schwarz verwendet hätte, wäre eine Saumnaht sichtbar. Hier müßte man an der Stellschraube des Saumfußes die Führungsschiene weiter nach links stellen und/oder die Stichbreite reduzieren, damit die Nadel nicht so weit links einsticht.
Das andere Extrem ist, wenn die Nadel beim Einstechen zu weit rechts steht im Verhältnis zur Führungsschiene. Hier erfasst die Nadel die Stoffkante überhaupt nicht.
Das Ergebnis wäre eine offene Saumnaht, die nur die Stoffkante erfasst, den Saum aber nicht an den Oberstoff heftet.
Auch wenn man das Nähfüßchen so gut wie möglich eingestellt hat, kann es passieren, dass die Nadel den Oberstoff einmal nicht trifft. Oder dass sie etwas zu tief in den Stoff einsticht. Da hilft nur, sehr langsam und sorgfältig zu nähen. Gegebenenfalls muss bei der Führung des Stoffes oder den Einstellungen noch einmal nachjustiert werden. Ansonsten ist auch der Blindsaum kein Hexenwerk, sondern vor allem Übungssache.