Jedes Jahr im Januar…
Ich muss zugeben, es fällt mir schwer, diesen Artikel zu beginnen. Irgendwie finden sich nicht die richtigen Worte, um das Erlebte in ein paar klare Sätze zu gießen. Am Wochenende war AnNÄHerung in Bielefeld, das wohl größte und umfangreichste Nähkränzchen Deutschlands. Ich wusste, was auf mich zukam, wie die Stimmung sein würde, und trotzdem war ich wieder überwältigt.
Gruß aus dem Nadelcamp #anNAEHerung pic.twitter.com/wGb2cKJx6i
— Meike Rensch-Bergner (@FrauCrafteln) January 18, 2015
Freitag Vormittag wurde ich von Frau Drehumdiebolzeningenieurin abgeholt und nachdem wir zwei Straßen weiter noch Antje eingesammelt haben, machten wir uns mit Bananenkuchen und veganen Keksen auf den Weg. Wir sind sehr gut durchgekommen und waren kurz nach der Mittagszeit in Verl. Der legendäre Marc-Aurel-Outlet, wo man die Produktionsreste der aktuellen Kollektionsstoffe sehr günstig erstehen kann. Natürlich waren schon einige AnNÄHerungs-Teilnehmerinnen vor Ort, berieten sich gegenseitig, erzählten und lachten. Dabei wurden nicht nur Schnittmuster-Ideen und Stofffachsimpelei ausgetauscht, sondern auch Strategien, den Gatten milde zu stimmen, wenn frau mal wieder mit ein bisschen Stoff nach hause kommt. Protipp: Der Mann braucht ein teures Hobby, damit er sich das Augenverdrehen oder Schimpfen direkt sparen kann: „Wie…Du hast für 200€ Stoff gekauft??? Aber da liegen doch schon…“ – „Ja, aber DU hast doch auch für 500€ Objektive/Modelleisenbahnen/Unterhaltungstechnik gekauft…dabei steht da schon so unheimlich viel Männerspielzeug!“ (Funktioniert tatsächlich, für euch getestet.)
Natürlich habe ich auch zugeschlagen in Verl (jaja, lacht nur!), auch wenn ich gerade über Stoffverarmungsangst und Stoffbilanzen herumposaunt habe. So viele herrenlose Stoffe! Ich habe es einfach nicht über’s Herz gebracht, die dort so einsam zurück zu lassen. Und ein paar schöne, schlichte Winterstoffe brauchte ich wirklichwirklich noch!
Als wir dann in der Jugendherberge Bielefeld ankamen, hatten wir ruckzuck ausgepackt, unsere Zimmer bezogen und so langsam unsere Nähplätze eingerichtet. Nach und nach trudelten auch die anderen Frauen ein und nach dem Abendessen gab es eine fröhliche Vorstellungsrunde, bei der wir kurz erzählten, wer wir sind, wie wir so zum Nähen gekommen sind und was unsere Pläne für das Wochenende sind. Ein großer Gewinn in diesem Jahr war die Pinnwand, an der alle Projekte hingen, beschrieben mit Schnittmuster und Stoff. Auch wenn es nicht die Vorgabe war, hatten fast alle (ohne gegenseitige Absprache!) eine Stoffprobe zum Streicheln an ihren Steckbrief geheftet – und in dem Moment weiß frau einfach, dass sie unter ihresgleichen ist. Streichelstoffe, soweit das Auge reicht.
Ich habe tatsächlich fast die ganze Zeit genäht und sehr wenig mit den anderen gequatscht. Mein Kleid wollte leider nicht ganz so wie ich und so saß ich tatsächlich Samstag Nacht um 2 Uhr noch an meinem Platz, den Nahttrenner fluchend in der Hand. Ich hörte, ich hätte leicht manisch ausgesehen, aber nachdem ich die Ärmel 4 mal neu eingesetzt hatte und letztlich beim Einnähen des Reißverschlusses in die Seitennaht plötzlich 4cm Versatz(!!!) hatte, wollte ich einfach wissen, was das Problem ist mit diesem Dreckskleid Traumkleid aus Traumstoff.
Das Kleid habe ich an diesem Wochenende nicht fertigstellen können, oder, um es im Bielefeld-Slang zu sagen: Ich habe ein veritables Ufo produziert. Aber darüber hinaus habe ich ein Röckchen und eine Leggins für meine Tochter fertig gestellt und an meinem Jacken-Ufo weitergenäht.
Ich war sehr froh über die guten Ratschläge, die mich wirklich weitergebracht haben. Ich fand die wohlwollende Atmosphäre, die Hilfsbereitschaft und die Freude, unter Gleichgesinnten zu sein, wieder absolut berauschend. Wenn ein Rock abgerundet werden muss, muss nicht lange gefragt oder erklärt werden – die Dame, die direkt neben einem steht, ist sofort bereit zu helfen und es muss auch nicht groß erklärt werden, was zu tun ist. Die AnNÄHerung ist eine unwahrscheinliche Mischung aus helfenden Händen, Nähwissen und Spaß.
Die Jugendherberge Bielefeld bietet dabei mit ihrem Seminarraum und dem freundlichen Personal den perfekten Rahmen für so ein Treffen. Es wurden regelmäßig Getränke aufgefüllt und wenn es beim Frühstück Gejaule über den leergelaufenen Kaffee gab, so war kurz darauf der Automat direkt neben dem Seminarraum aufgefüllt. Die geneigte Nähsüchtige muss von ihrem Platz tatsächlich nur aufstehen, um die absoluten Grundbedürfnisse des Körpers (Nahrung, Toilette, Schlaf) zu stillen. Ansonsten kann sie absolut in ihrem Projekt versinken – und das ist wirklich ein anderes Nähen. Die soziale Komponente ist natürlich auch nicht zu verachten: schnell wurde an alte Gespräche angeknüpft und es wurden neue Freundschaften geschlossen, begleitet von viel Gelächter und einem Aufkommen an leeren Flaschen von Alkoholika, die an alte Studentenfeten erinnerten.
Vom Event an sich habe ich leider keine Fotos gemacht, da ich nur die absoluten Grundbedürfnisse meines Körpers (Nähen, und die drei oben genannten) gestillt habe. Auf Twitter kann man unter dem Hashtag #AnNÄHerung aber einiges Nachlesen und auch die Blog-Berichte, die in den nächsten Tagen noch folgen werden, werden einen guten Eindruck des AnNÄHerungs-Flauschs geben.
Ich möchte mich recht herzlich bei dem fabelhaften Orga-Team Miriam, Susi und Alex bedanken. Ohne euren Einsatz wäre die AnNÄHerung undenkbar! Weitere Berichte zur AnNÄHerung werden bei Alex gesammelt.
AnNÄHerung 2015 – eine Nachlese von Marja Katz ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
Das ist so ärgerlich mit Deinem Kleid, aber ich bin sicher, dass Du eine gute Lösung finden wirst!
Mir hat es auch wieder supergut gefallen und auch ich habe viel mehr genäht, als ich gedacht hätte und auch leider keine Fotos gemacht. Aber man kann nicht alles haben…
LG Luzie
Ein schöner Bericht! Ich hatte auch Anfangsschwierigkeiten mit dem Berichten. Es geht gar nicht, alles in Worte zu fassen. Aber genauso bunt, wie unsere Runde war, werden auch die Berichte und alles zusammen gibt dann ein stimmiges Bild. Ich fand, in echt hast du viel mehr gelacht, als auf dem Foto/deinen Blogfotos. Das fand ich sehr hübsch und sympathisch und hätte gerne mehr mit dir geplaudert.
Ja, so im Nachgang bereue ich es auch, nicht mehr geplaudert zu haben. So oft sieht man sich ja doch nicht. Aber vielleicht gibt es ja noch mal eine Möglichkeit, das nachzuholen… 😉
Oh wie schön! War’s schon wieder soweit?!
Ich denke Du hattest viel Spaß und bin ganz offen neidisch! 🙂
Hei,
Kopf hoch, das Kleid bekommst du auch noch hin. Zu deinem Bericht muss ich sagen,
du hast es geschafft, was mir nicht gelungen ist: deine Eindrücke mit wenigen Worten so zu formulieren, dass der Text knackig kurz geworden ist (anstatt wie ich endlos zu schwafeln, meine Schwachstelle)
Hach, ich wäre auch nächstes Jahr wieder gerne dabei, dann aber nicht so kompliziert wie der Plan, einen Mantel aus Karostoff zu nähen, bei dem ich auch fluchend mit dem Nahtauftrenner oft zugange war.
LG
Ulrike
Ich hoffe, du führst mit dem Kleid die von Sabine begonnene Tradition fort: im Folgejahr wird auf der Annäherung vorgeführt, was im Jahr zuvor begonnen wurde…
Und auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: was für ein Wochenende…
Liebe Grüße
Anja
Haha, ja, manisch trifft es sehr gut! 🙂 Ach Quatsch, ich hab dich echt total bewundert, wie hartnäckig und ausdauernd du an dem Kleid weitergearbeitet hast! Ich hätte das Ding vermutlich schon lange in die Ecke gepfeffert…. Ich hoffe, es ist noch zu retten, denn der Stoff ist echt zu schön und es ließ sich ja schon erkennen, WIE toll das Kleid wird. Ich drück die Daumen! Und freu mich sehr, dich kennengelernt zu haben 🙂
liebe Grüße!
Hella
Ich fand es so nett, wie Du Dich dann abends einfach neben mich gesetzt hast zum Quatschen. Das war wirklich eine schöne Abwechslung bei der Arbeit an diesem…naja, Traumkleid. Naja 😉 Hat mich auch sehr gefreut, Dich mit am Tisch zu haben. Dich hatte ich vorher ja so gar nicht auf dem Schirm – aber es ist echt toll, was für unheimlich nette Leute man bei der Annäherung so kennenlernt.
Tatsächlich habe ich an diesem Wochenende so viel getrennt, wie schon lange nicht mehr. Mit deinem Kleid, das wird auch noch. Mir hat es auf jeden Fall schon sehr gefallen.
Das ganze Wochenende war wieder so toll.
LG Tina
Ich hoffe das wird noch was mit dem Kleid. Ich finde den Stoff so schön. Herzig und völlig unkitschig. Das ist gar nicht so einfach. Der Schnitt ist auch toll und könnte mir vorstellen, dass es fertig super aussieht.
lg monika
Ach, ihr seid echt süß! Vielen Dank für eure Worte! Natürlich werde ich alles geben, das Kleid noch zu retten. Sonst hätte ich da auch nicht so lang noch dran gesessen – wenn man erkennen kann, dass es wirklich gut werden könnte…dann WILL man es doch noch viel mehr 😉
Ich hoffe, ich kann den Fehler beheben oder irgendwie ausgleichen. Und dann kann ich es vielleicht wirklich bei der nächsten Annäherung vorführen 🙂
Auch UfOs werden irgendwann gerettet. Das kriegst du schon irgendwie hin. Ich war auf jeden Fall erstaunt, wie ruhig du geblieben bist. Ich hätte wahrscheinlich nach dem ersten Trennen aufgegeben.
[…] Ich habe es geschafft. Das auf der Annäherung angefangene Kleid ist fertig. Eigentlich sollte es nur ein Probekleid werden, da ich mit dem […]
[…] irgendwie nichts geworden. Die beiden “Unterteile” habe ich schon im Januar auf der Annäherung genäht. Der Rock ist ein 4-Bahnen-Rock, der richtig toll schwingt. Der Stoff ist passend zu den […]