Es ist Januar, es ist kalt, es trauen sich die ersten Schneeflocken nass und kalt vom Himmel zu schweben. Kurz nach Neujahr, wenn die guten Vorsätze noch frisch im Gedächtnis sind, der Weihnachtsstress gerade hinter einem liegt, treffen sich ein paar nähverrückte Frauen in einer Stadt, die es eigentlich nicht gibt. Zur Annäherung 2016, die nun schon zum dritten mal stattfand, trafen sich 38 Frauen aus ganz Deutschland, schlossen sich in der Jugendherberge Bielefeld ein, um ein Wochenende lang marathonartig zu nähen. Die Annäherung – eines der ersten und etabliertesten Treffen der Näh-Bloggerinnen-Szene in Deutschland – wurde organisiert von der wunderbaren Frau Drehumdiebolzeningenieur, Susi und Alex.
Als wir Freitag nachmittag ankamen, waren schnell die ersten Plätze belegt, aber die Drehumdiebolzeningenieurin, mit der ich gefahren war, und ich sicherten uns einen der letzten freien Tische, an den sich später noch wunderbar lustig und kompetente Nähgesellschaft in Form von Chrissi, Karin, Frau Knopf, Mema und Ella gesellte. Nachdem wir aufgebaut hatten, ging es zum Abendessen und danach direkt zur Vorstellungsrunde. Da noch nach unseren Näh-Zielen für 2016 und unserem schönsten Werk 2015 gefragt wurde, dauerte die Vorstellung 1.5h. Dabei kannten wir uns fast alle – es waren nur um die 5 neue Gesichter, so dass die Annäherung sich ein bisschen wie ein Klassentreffen anfühlte. Ganz viel Tradition, bekannte Gesichter, ganz viel gute Stimmung – und natürlich das unvergleichliche Jugendherbergs-Flair. Für das Wochenende hatte ich mir nicht ein großes Projekt vorgenommen, sondern „spontanes Lust-Nähen ohne konkreten Plan“. Ich hatte Stoff mit für 1-7 Projekte, zwei Röcke hatte ich schon zugeschnitten. Wir fingen noch abends an zu nähen, und auch wenn schon bald die ersten Sektflaschen entkorkt, die Knabbereien ausgepackt und laut geschwatzt wurde, nähten einige bis nach Mitternacht (unter anderem ich).
Nach dem feucht-fröhlichen Freitagabend sahen wir (oder zumindest einige von uns) am nächsten Morgen beim Frühstück schon einigermaßen zerknautscht aus. Ein ganzer Tag Marathon-Nähen lag vor uns, der von allen Teilnehmerinnen ausgiebig genutzt wurde. Ich nähte vormittags 3 Kinder-Shirts aus Stoff vom kleinen Maulwurf (für meine Kinder und meine Nichte), machte dann einen gemütlichen Mittagsschlaf (man gönnt sich ja sonst nichts) und fing dann meinen zweiten Rock aus schwarz-weißem Woll-Fischgrät an. Ich muss zugeben, ich war nicht sehr gesprächig. Ich habe es sehr genossen, dass nicht ständig jemand etwas von mir wollte, dass ich mich in Ruhe einkapseln und einfach nähen konnte. Nachdem in der Uni Kollegen und Studenten an mir zerren, in der Kita die anderen Eltern und zuhause oft genug die kleinen Zwerge, war ich so froh, dass niemand etwas von mir wollte. Im Nachhinein habe ich natürlich etwas bedauert, nicht mehr mit anderen geredet zu haben…aber es gibt ja sicherlich ein nächstes Mal. Meinen Näh-Marathon unterbrach ich für Chrissie, die für den Näh-Podcast von Muriel einige Interviews führte. Auch wenn die Interview-Situation für mich neu und etwas verunsichernd war, haben wir ein nettes Gespräch aufgenommen und ich bin gespannt, ob und wie die Interviews von der Annäherung in eine Podcast-Folge verarbeitet werden. Nachdem wir auch Samstagabend nach dem Nähen noch beisammen saßen, etwas tranken und viel lachten, verzog ich mich mit der Drehumdiebolzeningenieurin und Frau 700 Sachen auf unser Zimmer – nur um noch weiterzuquatschen. Es wurde (wieder) sehr spät und heimlich verfluchte ich etwas den Wecker, der (wieder) um 7.30h ging.
Die letzten Stunden des Nähens nutzte ich bis zur letzten Sekunde, so dass ich nicht einmal mehr dazu kam, den Tauschtisch mit Stoffen, Schnittmustern und kleinen Mitbringseln näher zu betrachten. Ich schnitt Sonntag vormittag noch zwei Renfrew-Tops von Sewaholic zu. Den Stoff dafür hatten die Drehumdiebolzeningenieurin und Karin mir mitgebracht und geschenkt – vielen Dank noch einmal für den schönen graublauen Jersey (genau meine Farbe!) und den dunkelgrauen Viskose-Jersey (Kombitalent! Tolle Qualität!). Schließlich stellte ich insgesamt 7 neue Kleidungsstücke (!!!) fertig und landete damit bei der Abschlußpräsentation in der Strebergruppe. Auch wenn immer einige schon etwas früher wegmüssen, ist die Abschlußpräsentation für mich immer einer der tollsten Momente auf der Annäherung. So viel Stolz auf das Geschaffte, soviel wohlwollender Applaus, soviel Gelächter, Humor oder Trost, wenn etwas nicht geklappt hat – das ist wirklich einzigartig. Und die vielen genähten Werke! Von 3 Trenchcoats, über Ballkleider, Jacken, Mäntel, Blazer, Hosen, Röcke, Oberteile und Kleider war wieder alles dabei. Auffällig war dabei für mich, dass sich die Vielfalt der Kleidungsstücke vergrößert hat. Auch unterschiedliche Nähtechniken abseits von profaner Nähmaschine und Overlock waren dabei. Frau Machenstattkaufen konnte man beim Handnähen und Sticken nach Alabama Chanin über die Schulter schauen. Es wurden sogar – mit viel handwerklichem Geschick – zwei Chanel-Jacken nach einer speziellen Nähtechnik gearbeitet. Die Bilder davon werden sicherlich bald durch die Blogs gehen. Bis dahin könnt ihr euch die Berichte bei Alex anschauen.
Annäherung 2016 in Bielefeld von Marja Katz ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
Es ist lustig, wie jede die „ungestörte Nähzeit“ für sich interpretiert und genutzt hat! Deine 7 schönen Teile machen mich nach wie vor fassungslos… Mehr Brot und Butter hätte man nicht in ein Wochenende packen können!
LG, Bele
Ja, es war wirklich sehr schön mit Euch allen. Sogar ein Mittagsschläfchen hast Du Dir gegönnt. In der Ruhe liegt die Kraft, wie man sieht. Und wunderschöne Teile hast Du Dir und Deinen Kindern genäht.
LG
Annette
Echt beeindruckend wie fix zu genäht hast! Da wird sich hoffentlich auch der Nachwuchs mächtig gefreut haben. Liebe Grüße, Birgit