Weiberfastnacht in Köln! Hier geht es heute um 11.11Uhr so richtig los und die Karnevalszeit hat mit dem Straßenkarneval ein großes Finale. Das normale Leben in Köln steht still und macht Platz für den organisierten Wahnsinn aus Kostümen, verlaufender Schminke und sehr, sehr viel Kamelle. Schulen, Kindergärten, Behörden, Ärzte – alle schließen, damit jeder Jeck feiern kann. In den letzten Wochen habe ich gefühlt nicht anderes gemacht als Kostüme vorzubereiten, die Materialschlacht rund um den Flokati habe ich ja schon gezeigt. Für die Karnevalsparty drinnen sollte ich nach Auftrag der Kinder unbedingt noch ein Zauberer- und Hexenkostüm selber nähen. Also habe ich noch mal richtig zugelangt in Sachen Material und das kleine ABC der Stoffzutaten für Kostüme geholt: Glitzer, Pannesamt, Organza (und davon reichlich).
Die Schnittmuster für beide Kostüme habe ich quasi aus einem simplen Langarmshirt abgeleitet. Dazu habe ich irgendein Basic-Shirt aus einer alten Ottobre ausgewählt. Für das Hexenkleid habe ich das Oberteil etwas gekürzt, so dass es ca. auf der Taille endet und der Rock angesetzt werden kann. Damit es nicht ganz so langweilig aussieht, wollte ich vorne eine Schnürung anbringen. Dazu habe ich einen rechteckigen Stoffstreifen aus weinrotem Taft ausgeschnitten, zwei Lagen Organza vom Rock darüber gelegt. Das alles habe ich auf dem vorderen Oberteil mittig platziert und die Ränder unter pinken Samtstreifen versteckt.
Aus ganz schmalem Satinband habe ich kleine Ösen gelegt, durch die die Schnürung läuft. Um das Nähen zu vereinfachen, habe ich die Ösen erst sehr lang zugeschnitten und hinter dem Samtband mit leicht klebendem Klebeband einfach festgenäht. So konnte ich an der Innenseite des Samtbandes die erste Naht setzen, ohne dass etwas verrutscht ist. Nach dem Nähen habe ich die Satinbänder dann knapp hinter der Naht abgeschnitten, die Außenseite des Samtbandes genäht, so dass die Enden der Ösen unter dem Samtband verschwinden. Durch die Ösen konnte ich dann das Band für die Schnürung ziehen. Leider hat der Organza diese Behandlung nicht überstanden. Er ist so stark ausgefasert, dass erst Fransen herausschauten und der Stoff sich dann aus der Naht löste. Also beschlossen wir, den Organze zu entfernen – er ließ sich ganz einfach aus der Naht ziehen. Man lernt: Organza ist für exaktes Arbeiten und akkurate Nähte nicht gemacht.
Für das Rockteil habe ich 3m Organza (sic!) in horizontale Falten gelegt. Die erste war 40cm breit, die zweite 50cm und die unterste 60cm. Ich habe versucht, die obere Kante mit Differenzialtransport in der Overlock zu kräuseln, aber das hat bei 6 Schichten Organza nicht geklappt. Also habe ich ihn an der Oberkante nur versäubert und auf ein 2cm breites Gummiband genäht. Das erfüllt seinen Zweck, geht mit ordentlichem Reihen aber natürlich noch etwas schöner.
Bevor ich die Naht an der kurzen Seite geschlossen habe, habe ich Pailletten in jede der drei Falten gefüllt, dann das Rockteil an das Oberteil des Hexenkleides genäht. Ganz zum Schluß habe ich jede einzelne Falte in regelmäßigen Abständen von Hand etwas nach oben gekräuselt und mit einem Glitzerstein versehen. So können die Pailletten in die einzelnen Bögen fallen und hängen nicht alle an der gleichen Stelle.
Die kleine Hexe mag sehr, wie die Pailletten innen durch den Rock tanzen. Den passenden Hexenhut und Zauberstab haben wir vom Kiosk.
Das Zauberer-Kostüm habe ich aus demselben Oberteil abgeleitet. Ich habe es etwas verlängert und ausgestellt. Außerdem eine Teilungsnaht frei Hand eingefügt, weil ich in der vorderen Mitte ein wenig Glitzerstoff unterbringen wollte. Das Vorderteil habe ich etwas geschlitzt und mit einem Beleg versehen. Da ist mir noch ein toller Fehler passiert, denn beim Einnähen der Ärmel ist der Beleg irgendwie an das Rückenteil getanzt, so dass ich mit dem Beleg auf einer Seite versehentlich das Armloch zugenäht habe. Ganz großes Kino beim ersten Anprobieren. Mein Sohn hat einen hervorragenden, augenverdrehenden „Mensch-Mama!“-Blick in petto. Aber der Fehler ließ sich schnell korrigieren und als i-Tüpfelchen habe ich noch einen kleinen Kragen gebastelt. Der tanzt zwar immer etwas aus der Reihe, wenn das Kostüm angezogen ist, aber mein Nähnerd-Herz erfreut er sehr.
Zu dem Kostüm gab es noch eine kleine Hose aus Pannesamt und einen Umhang aus Glitzerstoff sollte der Zauberer auch noch bekommen. Erst wollte ich den Umhang aus einem halben Teller machen, aber dafür hat der Stoff nicht gereicht. Also habe ich den Umhang gemäß der Stoffmenge etwas angepasst und mit Maßband und Kreide direkt auf den Stoff gemalt. Die Ränder versäubert und einmal umgenäht, oben ein einfacher Tunnelzug – das ging wirklich schnell.
In voller Montur sieht das selbsgemachte Zauberer-Kostüm dann so aus…
Und der Umhang schwingt herrlich beim Laufen.
So war hier heute früh schon ganz schön viel Action mit verkleiden, schminken und fotografieren. Das Licht hat leider nicht immer gereicht. Aber ich wollte die Fotos unbedingt im Kasten haben, bevor die Kinder von ihrer Feier in Kita und Schule heimkommen. Dann sind die Kostüme erfahrungsgemäß schon ganz gut runtergerockt.
Wie ihr seht, kann man recht einfach ein Zauberer- und Hexenkostüm selber nähen, wenn man etwas Zeit und ein paar Ideen hat. Jetzt muss ich schnell noch ein bisschen Budenschwung machen und schmücken. Denn heute Nachmittag reißen hier 10 Kinder die Hütte ab bei unserer Kinder-Karnevalsfeier.
(Ich selbst habe übrigens kein neues Kostüm, dafür hat die Zeit und Kraft nicht gereicht. Ich nehme wieder meine altbewährte lila Kuh von vor ein paar Jahren).
Zauberer- und Hexenkostüm selber nähen für Karneval von Marja Katz ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.